Der Weg des HRC bis 1987

Der Zusammenschluss dreier traditionsreicher hannoverscher Radsportclubs war nun erfolgt. Aber was wird die Zukunft bringen? Kann dieser neue Verein überhaupt bestehen? Das jedenfalls waren die Fragen, die die Neider und die Kritiker damals am meisten beschäftigten. Doch bekanntlich ist es ja ein voller Erfolg geworden, und gleich im ersten Jahr wuchs der Verein mit über 200 Mitgliedern zum größten Radsportclub Norddeutschlands heran.

Sportlich gesehen wurde der HRC damals zum Begriff in Norddeutschlands Radsportwelt. Man musste sich daran gewöhnen, dass die Fahrer in den rot-weißen Trikots so manches Radgeschehen bestimmten. Die Stars damals waren u.a. Günter Ernsthäuser, Manfred Herms, Kurt Günther, Rudi Günther, Horst Dreske, Wolfgang Kühn, Heinz Holze, Klaus Will, Alfred Sylvester, Axel Krieter, Gernot Backhaus, Karl-Heinz Haupka. Bei der Jugend waren es vor allem Wolfgang Pranschke, Harald Schlimme,  Herbert Biester, Peter Monien, Klaus Eweleit, Michael Lahmer, Georg Piepenbrink und Walter Wenczek.

Das erste Jahr nach dem Zusammenschluss wurde in allen Bereichen  ein voller Erfolg für den HRC: Auf der ersten Jahreshauptversammlung nach der Fusion, am 05.01.1969 im Clubhaus des Deutschen Ruder-Clubs, wurde dem Vorstand für die geleistete Arbeit gedankt. Er wurde auf fast allen Positionen für ein weiteres Jahr wiedergewählt.

1. Vorsitzender Reinhard Kramer Rennfahrwart Manfred Herms
2. Vorsitzender Georg Wunner Jugendwart Dieter Kreie
Kassierer Heinrich Warnecke Materialwart Ehrenpräsident Hermann Wilhelms
Protokollführer Karl Bues Fachwart für Schüler und Damen Wolfgang Dettmer
Sozialwart Hermann Lohmann Wanderfahrwart August Sander

Der HRC überstand die ersten Jahre mit gutem Erfolg, nicht zuletzt durch den Gewinn zahlreicher Landesmeisterschaften und anderer großer Siege auf sportlicher Ebene, wie z. B. „Rund um den Elm“ und „Lindener-Berg-Kriterium“ durch Günter Ernsthäuser. Herausragende sportliche Erfolge waren zweifellos der Deutsche Meistertitel 1971 von Karl Köther im 1000 m Zeitfahren auf der Bahn und seine beiden Vizemeistertitel aus den Jahren 1970 und 1972 sowie der 4. Platz bei der Olympiade in München in der gleichen Disziplin.

Ein kontinuierlicher Ausbau erfolgte auch im Bereich des Breitensports und im gesellschaftlichen Clubleben. In dieser Zeit entstand auch unsere Vereinszeitung, die „Club-Information“, die sich inzwischen zu einem wertvollen und nicht verzichtbaren Bindeglied im HRC entwickelte. Die Club-Information feiert übrigens im Jubiläumsjahr des HRC auch ihr 45 jähriges Bestehen.

Eine große Krise hatte der HRC im Jahre 1971 zu überstehen, als es zu erheblichen Spannungen innerhalb des Vorstandes kam und auch ein großer Teil das Amt vorzeitig aufgab. Die Spannungen übertrugen sich auch auf die Sportler, von denen einige den Club verließen. In der Jahreshauptversammlung wurde dann ein neuer Vorstand gewählt und die Krise konnte größtenteils gemeistert werden.

Es begann nun langsam eine Zeit, in der die finanziellen Zuwendungen seitens der Industrie in Kanäle flossen, wo der Sport immer kommerzieller wird, d.h. besser zu vermarkten ist. Doch das ist ein Problem, mit dem alle kleineren Sportvereine und somit auch die Radsportvereine fertig werden mussten und es schließlich auch geschafft haben.

Herausragender sportlicher Erfolg im Jahr 1973 war der 3. Platz im Punktefahren bei den Deutschen Bahnmeisterschaften durch Klaus Brandt. Auf der Strecke „Rund um den Gehrdener Berg“ richtete der HRC ebenfalls eine Deutsche Meisterschaft für Damen und Mädchen aus. Das sportliche Programm innerhalb des HRC wurde erheblich erweitert. Neu waren auch die Clubmeisterschaften auf der Bahn und im Cross. Hinzu kamen noch drei Läufe in der Straßenmeisterschaft. Das alles wirkte sich natürlich auch wieder positiv auf das Clubleben aus.

Clubmeister 1973
Querfeldein Klaus Eweleit
Straße Klaus Prusch
Bahn Lutz Besser

Durch die „Trimm-Welle“ 1974 gelang dem HRC der Durchbruch zu einem echten Familienclub, der seinen Mitgliedern ein vielseitiges attraktives Programm bot. Mit Kegeln, Familienwanderfahrten, Tischtennis, Trainings- und Trimmprogrammen war das Angebot des HRC für seine Mitglieder breit gefächert.

Im sportlichen Bereich waren dagegen nicht allzu viele Höhepunkte zu verzeichnen, weil sich unsere Fahrer nur sehr schwer gegen jene durchsetzen konnten, die von Industrie und Sporthilfe  unterstützt wurden. Der Verein musste also andere Wege gehen. Er präsentierte sich der breiten Sportöffentlichkeit als elanvoller Großverein, der sich im hannoverschen Sport einen Namen gemacht und einen guten Platz erobert hat. Bedingt durch sein umfangreiches Programm, angefangen bei internationalen Großveranstaltungen, über Jedermannsport bis hin zu einem breiten gesellschaftlichen Familienprogramm, erlebte der Club einen ungeahnten Aufschwung.

1975 landete der HRC mit zwei Sportveranstaltungen der Superlative absolute Volltreffer. In jenem Jahr wurde mit der „Nacht von Hannover“ eine Sportveranstaltung aus der Taufe gehoben, die den radsportlichen Rahmen Hannovers bei weitem sprengte. „Inmitten der City von Hannover rollte ein Radrennen unter Tiefstrahlern ab, wie es Hannover in der Form noch nie erlebt hatte.“ (Zitat Chronik) Sämtliche deutschen Spitzenfahrer waren vor 8000 Zuschauern am Start, und Hannovers Stadtverwaltung, Oberbürgermeister Schmalstieg, Polizei und vor allem die Presse lobten die „Nacht“ in den höchsten Tönen. Ein Radrennen der Superlative, das sich bis heute diesen Standard erhalten hat.

Der zweite Volltreffer dieses Jahres wurde auf der Welle der „Trimm-Spiele“ im Herbst aus der Taufe gehoben. Ein „Radsport-Trimm-Treff“ über vier Monate im Stadtwald, der Eilenriede, lockte im Laufe des Winters Tausende an den Start. Parallel dazu richtet Georg Wunner eine Laufgruppe ein, die ebenfalls eine breite Öffentlichkeit ansprach. (Zitat Chronik)

Hochleistungssport und Breitensport sind inzwischen untrennbar miteinander im HRC verbunden und haben gemeinsam großen Anteil am Clubleben  des Vereins.

Ein wesentliches – und wenn nicht gar das wichtigste vereinsgeschichtliche Ereignis veränderte ab 1978 völlig das Clubleben des HRC. In dem Jahr übernahm unser Verein sein eigenes Clubhaus, und damit wurde ein Traum Wirklichkeit.

Feierstunde zur Übernahme des Clubhauses.

Das Clubhaus entwickelte sich zum Mittelpunkt des gesamten Clublebens und förderte den Zusammenhalt des Clubs. Für entsprechende Umbauarbeiten wurden im ersten Jahr mehr als 2000 Arbeitsstunden von den Clubmitgliedern geleistet und manche Nachtschicht wurde dabei eingelegt. Am 16. Dezember übernahm der HRC das Clubhaus in seinen Besitz und die Weihnachtsfeier war die erste HRC-Veranstaltung in den eigenen Räumen. Im vollbesetzten Clubraum waren die HRCer am Ende einer langen Suche am Ziel angekommen.

In jeder Beziehung war 1978 ein bedeutendes Jahr. Mit sechs Radrennen wurde damals ein neuer `Vereinsrekord` in Sachen Großveranstaltung aufgestellt, wobei natürlich die „Nacht von Hannover“ mit über 25000 Zuschauern der absolute Höhepunkt war. Im ersten Profirennen in Hannover gaben sich die besten Berufsfahrer die Ehre und hier siegte Klaus-Peter Thaler vor „Didi“ Thurau. Weitere Höhepunkte waren noch die inzwischen 17. Auflage des „Bürgerpreises der Stadt Gehrden“ und die Niedersachsen-Meisterschaft am Stemmer Berg.

Im Breitensport gewannen die Wanderfahrer im Bezirk Platz 1 in der Jahreswertung und in der Landesbewertung und im BDR jeweils Platz 2. Das alles waren schöne Erfolge, die sich auch sehen lassen konnten.

„Einen immer größeren Rahmen nimmt der Breitensport im HRC ein. Neben den Wanderfahrern macht sich mit der `Radtouristik` – kurz „RTF“ – eine neue Radsportart breit“. (Zitat Chronik) Das Jahr war das Geburtsjahr der RTF-Gruppe und ein Jahr später, 1979, wurde die 1. RTF-Fahrt „Rund um das Steinhuder Meer“ organisiert.

„Natürlich brachte uns die neue Situation auch eine Vielzahl neuer Probleme. Die Verwaltung eines Clubhauses war eben auch für den Vorstand des HRC Neuland. Hausverwalter, Gaststättenpächter, Verträge, Steuern und vieles mehr brachte Mehrarbeit und machte eine veränderte Konzeption notwendig.

Nach wie vor gab es viel Arbeit, denn noch war das Clubhaus lange nicht das, was es einmal insgesamt sein sollte. Die Mitglieder mussten jedoch nach ihrem enormen Einsatz im Vorjahr erst einmal etwas kürzer treten. Das Clubhaus tat auch im augenblicklichen Zustand seinen Dienst.

Es umfasste:

einen Clubraum mit Theke und Küche und einem geschlossenen Toiletten- und Duschtrakt,
einen Jugendraum,
eine 3-Zimmer-Wohnung,
einen Materialkeller,
1 große Lagerhalle“(Zitat Chronik)

Die weiteren Pläne, wie Terrassenbau, Gartenanlagen sowie Ausbau der Lagerhalle zu einer Trainingshalle sind heute im Jubiläumsjahr längst abgeschlossen.

Doch so ganz war die Welt nicht eitel Sonnenschein. 1979 entwickelten sich harte Differenzen zwischen dem HRC und dem Radsportverband Niedersachsen. Da beide Parteien verschiedene Sponsorenverträge eingegangen sind, durften die HRC-Fahrer trotz großer Erfolge nicht an Maßnahmen des Verbandes teilnehmen. Kurios dabei, dass sich unser langjähriger Spitzenfahrer, Reinhard Lochmann, ausgerechnet in jenem Jahr die Niedersachsen-Meisterschaft auf der Straße sicherte.

Hinzu kamen noch ein aberkannter Titel im 4er Wettbewerb sowie der 3. Platz unserer zweiten Mannschaft. Es herrschte zwar Ratlosigkeit bei den Verbandsfunktionären, doch Rennen fahren durften unsere Sportler für den Verband nicht. Der Streit spitzte sich zu und Reinhard Kramer, langjähriger Pressewart im Verband, trat von diesem Amt zurück.

„Der HRC festigte trotz aller Anfeindungen seine Position in der Öffentlichkeit. Der Name des HRC hatte in der Sport-Öffentlichkeit einen Ruf, wie ihn kaum jemals ein Radsportverein zuvor hatte“. (Zitat Chronik)

Das Jahr 1981 brachte in einigen Bereichen die Grenzen der Belastbarkeit des Vereins mit sich. Die mehr und mehr auftretenden Probleme eines Großvereins brachten immer wieder Schwierigkeiten und Ärgernisse in die Reihen der HRCer, zumal im Jahr zuvor unser langjähriger Ehrenpräsident Hermann Wilhelms verstarb, dessen Tod nicht nur eine große Lücke hinterließ, sondern es fehlte auch seine Ruhe bewahrende und ordnende Hand. Die Probleme ließen sich nie so ganz verdrängen und zogen sich noch lange hin.

Bei neun Großveranstaltungen, von denen fünf im Bereich des Breitensports lagen und vier Rennsport-Veranstaltungen, waren nicht nur organisatorische, sondern auch finanzielle Pluspunkte zu verzeichnen. Es waren Volkslauf, RTF-Fahrt, Volksradfahren, 11 Schulsport-Termine und der Radsport-Trimm-Treff sowie der „Preis der Lindener Volksbank“, der 20. Bürgerpreis der Stadt Gehrden (2 Tage) und die „Nacht von Hannover“.

Nach jahrelangen Bemühungen und mehreren Satzungsänderungen wurde dem HRC im Mai 1982 vom Finanzamt Hannover-Nord die „Gemeinnützigkeit“ zuerkannt. Doch die Situation war trotzdem schwierig. Karl Bues, unser langjähriger Schatzmeister, wurde plötzlich und unerwartet aus unserer Mitte gerissen. Dieser Schicksalsschlag stellte den Vorstand vor neue, schwierige Probleme, die nur Dank der stellvertretenden Schatzmeisterin, Susanne Wedekind, gemeistert werden konnten. Reinhard Kramer nahm erst nach langen Diskussionen den Vorsitz im HRC wieder an. Er und einige wenige Helfer verstanden es, trotz vieler Probleme, den HRC  über eine hektische Zeit zu bringen.

Unser gesellschaftliches Programm wurde bewusst etwas reduziert. Eigentlich schade, da das Clubhaus für viele kleinere Veranstaltungen genutzt werden könnte, aber die Resonanz der Mitglieder war (leider) in den letzten Jahren nicht so groß. Das Stiftungsfest ist jedoch nach wie vor der gesellschaftliche Höhepunkt in unserem Clubleben. In den letzten Jahren konnte man ein gutes, kameradschaftliches Nebeneinander und Miteinander aller HRC-Bereiche feststellen, und der Club braucht dieses Miteinander von Leistungs- und Breitensport.

Auf sportlicher Ebene kann der HRC auf seine erfolgreichsten Jahre zurück blicken. Mit zwei deutschen Vize-Meisterschaften durch Ines Varenkamp und Matthias Eiffert, mit dem 4. Platz bei der Deutschen Derny-Meisterschaft durch Karl Köther und Rüdiger Leitlof und der Olympia-Teilnahme von Ines Varenkamp sind die herausragenden Erfolge von 1984 genannt.

Ines Varenkamp, 1984 – Deutsche Vizemeisterin im Straßenfahren und 12. bei den Olympischen Spielen

Ein Jahr später -1985- fuhr sich der HRC in die Reihe der bedeutendsten deutschen Radsportvereine. Stellvertretend für alle Erfolge seien hier nur der Sieg im „grünen Band“ durch Javier Morato bei den Junioren, die zwei Bronze-Medaillen durch Carsten Dreske bei den Deutschen Bahnmeisterschaften der Junioren sowie der Gewinn der Norddeutschen Straßenmeisterschaft durch Andre Klunker genannt.

Mit den neuen Trikots im neuen HRC-Look präsentierten sich unsere Sportler auf sämtlichen Straßen und Bahnen Deutschlands mit hervorragenden Erfolgen. Ein Sponsorenvertrag hat für diese Erfolge mit die Weichen gestellt.

Die Aktiven traten mit der Aufschrift  `Peugeot-Erich-Möller` auf ihren Trikots auf und wurden dafür mit neuen `Peugeot-Maschinen` ausgerüstet. Die Vorteile aus diesem Vertrag wirkten sich nach und nach auf die übrigen Sportler des HRC positiv aus.

Die Erfolgsliste setzte sich auch 1986 fort. Der HRC wurde zum erfolgreichsten Nachwuchsverein Deutschlands erklärt, nachdem es im Jahr zuvor schon zum 3. Platz gereicht hatte. Unsere sechs erfolgreichen Junioren Andre Klunker, Patrick Lahmer, Matthias Eiffert, Gerd Strauch, Holger Sievers und Sven Petersen sicherten uns den Sieg.

Aber es gab auch zwei schwere Schicksalsschläge. Unsere Schatzmeisterin, Susanne Wedekind, wurde das Opfer eines sinnlosen Verbrechens. Ein Verlust, der unfassbar war und eine große Lücke hinterließ. Ihre Nachfolgerin wurde Annemarie Kesting, die sich mit viel Mühe in ihre neue Aufgabe einarbeitete.

Wenige Wochen später verbreitete sich eine neue Schreckensnachricht wie ein Lauffeuer durch Hannovers Radsportwelt. Ein Fahrzeug hatte die fast komplette HRC-Amateurmannschaft, Uwe Varenkamp, Marco Schmiedel, Dieter Borvitz sowie Jens Brückmann aus Laatzen, im Training zu den Deutschen Mannschaftsmeisterschaften von der Straße gefegt. Vier zum Teil lebensgefährlich verletzte Fahrer befanden sich verteilt in hannoverschen Krankenhäusern. Spontane Genesungswünsche – auch aus der DDR – erreichten uns von allen Seiten.